Harry, fahr‘ schon mal den Show-Wagen vor!

Es ist mal wieder Zeit für ein wenig Off-Topic-Geplänkel hier. Ich freue mich, denn in knapp 24 Stunden ist es soweit, dann feiern wir die Rückkehr einer Show-Legende. Doch, wie viel Legende ist davon noch übrig?

Im Dezember 1995 startete Harald Schmidt bei Sat.1 seine Late Night-Show, die morgen nach einer fast achtjährigen Pause auf die Bildschirme zurückkehrt. Die Rede ist natürlich von der legendären „Harald Schmidt Show“, die seinerzeit Kult-Status erreichte und die auch heute noch, dank vieler fleißiger YouTube-User, Vielen gut im Gedächtnis ist. Doch wie üblich beginne ich die Geschichte erst mal von vorne.

Harald Schmidt, geboren 1957 im Bundesland Baden-Württemberg, suchte schon früh das große Publikum, wenn auch nur als Organist in der Kirche. Nach seinem Schauspiel-Studium startete er seine Karriere am Theater Ausgburg, bevor er Mitte der 80er Jahre zum „Kom(m)ödchen“ in Düsseldorf kam, wo er als Kabarettist langsam aber sicher eine gewisse Bekanntheit erlangte. Schmidts Fernsehkarriere begann 1988 bei der ARD mit der Rateshow „MAZ ab!“, gefolgt von einer weiteren Rateshow namens „Pssst …“ und schließlich der Comedyshow „Schmidteinander“, wo er gemeinsam mit Herbert Feuerstein seinen Durchbruch als Fernseh-Komiker hatte. Große Bekanntheit erlangte er außerdem mit der Moderation der Show „Verstehen Sie Spaß?“, die nach wie vor neben „Wetten, dass..?“ als eine der wenigen großen Samstagabend-Shows gilt. Allerdings war die Show mit Schmidt als Moderator kein Erfolg, weswegen er nach nur drei Jahren „Verstehen Sie Spaß?“, und gleichzeitig auch die ARD in Richtung Sat.1 verließ, wo er seine Late Night-Karriere begann.

Die Harald Schmidt Show“ (Sat.1, 1995 – 2003)
Als Schmidt Ende 1995 bei Sat.1 anheuerte, sollte er dort „den Letterman machen“, wie er es später mal nannte. „Die Harald Schmidt Show“ war ursprünglich eine Kopie der „Late Show with David Letterman“ und außerdem der zweite richtige Versuch das Genre „Late Night“ im deutschen Fernsehen zu etablieren, welches in den USA bereits seit den 1950er-Jahren Tradition hat. Thomas Gottschalk hatte mit „Gottschalk Late Night“ bereits vorgelegt, wobei seine Show eher eine reine Talk-Show war und bis auf den Titel und die Uhrzeit wenig Gemeinsamkeiten mit dem eigentlichen Late Night-Konzept hatte.

Obwohl Schmidts Show anfangs unter ziemlicher Kritik stand und auch von den Zuschauerzahlen her kein großer Erfolg war, zog Sat.1 die Sache durch, bis die Show um die Jahrtausendwende schließlich in den Erfolgsbereich kam, nicht zuletzt deswegen, weil Schmidt die Show seit 1998 selbst produziert hatte und anstatt weiterhin Letterman zu kopieren, nun mehr und mehr seinen eigenen Stil in die Sendung brachte. Mit diversen Einspielern, Studio-Aktionen und mit Hilfe von Schmidts Redaktionsleiter und Sidekick Manuel Andrack, der ab Herbst 2000 mit auf der Bühne war, erreichte die Show so etwas wie Kult-Status und war zwischen 2001 und 2003 auf ihrem Höhepunkt angelangt.

Überraschend wurde Anfang Dezember 2003 bekannt, dass Schmidt seinen Vertrag bei Sat.1 nicht verlängert hatte und die Show somit in wenigen Wochen zu Ende gehen würde. Ein offizieller Grund wurde nie genannt, jedoch gab es heftige Spekulationen, dass das Ende vor allem damit zu tun hatte, dass die Sendergruppe „ProSiebenSat.1“ im Jahr 2003 vom amerikanischen Medienunternehmer Haim Saban gekauft wurde, der den damaligen Sat.1-Geschäftsführer Martin Hoffmann, welcher ein guter Freund Schmidts war, kurzfristig entlassen hatte. Außerdem soll Schmidt, wie er einige Jahre später im Interview mit ARD-Talker Reinhold Beckmann angab, unter dem Burnout-Syndrom gelitten haben, nachdem er die Show über acht Jahre lang vier bis fünf Mal die Woche präsentiert hatte. Somit ging Schmidt nach seiner letzten Sendung am 23. Dezember 2003 offiziell in seine „Kreativpause“.

Harald Schmidt“ (ARD, 2004 – 2007)
Nach einem Jahr ohne TV-Präsenz, kehrte Schmidt schließlich auf die Fernsehbildschirme zurück, dieses Mal allerdings bei seinem früheren Arbeitgeber, der ARD. Schon am 23. Dezember 2004, also genau einem Jahr nach dem Ende auf Sat.1, gab es die erste Ausgabe seiner neuen Show „Harald Schmidt“, die zwar ebenfalls eine Late Night-Show sein sollte, jedoch inhaltlich stärker auf politische Themen ausgerichtet war. In der Besetzung gab es außer dem Fehlen von Bandleader Helmut Zerlett keine Veränderungen, weswegen auch Sidekick Manuel Andrack wieder mit dabei war. Außerdem gab es pro Woche nur noch zwei Sendungen, mit nur noch 30 Minuten Laufzeit pro Folge, weswegen anfangs auf die bislang üblichen Talk-Gäste verzichtet wurde.

Während die Show nicht an die Erfolge der Sat.1-Sendung anknüpfen konnte, kehrte man nach und nach zurück zum alten Konzept, inklusive Studiogäste. Nachdem die Show mehr und mehr an Bedeutung verlor und Schmidt zunehmend Zeit am Theater verbrachte, gab er 2007 bekannt „fertig mit Late Night“ zu sein. So kam ihm der Wunsch des Nachwuchs-Comedians Oliver Pocher sehr recht, Late Night machen zu wollen. Ursprünglich wollte Schmidt selbst gar nicht mehr vor die Kamera treten und lediglich die Show für Pocher produzieren. Dieser insistierte allerdings auf eine Co-Moderation mit Schmidt, weswegen seine ARD-Show kurzerhand nach der Sommerpause in eine gemeinsame Show mit Pocher umfunktioniert wurde.

Schmidt & Pocher“ (ARD, 2007 – 2009)
„Ein ungewöhnliches Duo“ und ähnliche Kommentare waren Mitte 2007 in der Presse zu lesen, als die neue Show „Schmidt & Pocher“ angekündigt wurde. Diese Einschätzungen sollten sich bewahrheiten, denn schon bald wurde klar, diese zwei Charaktere passen nicht zueinander. Die neue Show, die nur noch einmal in der Woche, dafür aber 60 Minuten lang lief, kam über ihre gesamte Laufzeit nicht in Fahrt, produzierte aber immerhin einige kleine Skandälchen, wie zum Beispiel das „Nazometer“ oder die Folge mit „Lady Bitch Ray“ als Gast, in der Pocher von Schmidt vor laufender Kamera zurecht gewiesen wurde.

Im April 2009 lief nach nur 40 Folgen die letzte Episode von „Schmidt & Pocher“, wodurch nicht nur die Zusammenarbeit sondern offensichtlich auch die Freundschaft der beiden Komiker beendet wurde. Während Pocher in Folge dessen zu Sat.1 wechselte, wo er die (mittlerweile bereits abgesetzte) „Oliver Pocher Show“ präsentierte, kehrte Schmidt nach der Sommerpause zu seinem alten Format zurück.

Harald Schmidt“ (ARD, 2009 – 2011)
Nach dem Ende des „zeitlich begrenzten Experiments“, kehrte Schmidt alleine und zum ersten Mal seit neun Jahren ohne dauerhaften Sidekick/Co-Moderator, zurück zu seinem alten Format, welches sich allerdings stark von der ersten Inkarnation von „Harald Schmidt“ unterschied. Besonders markant war die Einführung eines „Ensembles“ bestehend aus Nachwuchs-Talenten wie z.B. Katrin Bauerfeind oder Jan Böhmermann, die regelmäßig mit Einspielfilmchen oder Studio-Aktionen präsent waren.

Die nur noch einmal pro Woche ausgestrahlte, und auf 45 Minuten Laufzeit verkürzte Sendung, kam eher wie ein satirischer Wochenrückblick daher, der inhaltlich stark auf Schmidts Lieblingsthemen Politik und Kultur fokussiert war und somit vor allem bei jüngeren Zuschauern wenig Anklang fand. Auch allgemein wurde die Sendung von vielen als schlicht langweilig empfunden, was auch an den zurückgegangenen Zuschauerzahlen abzulesen war.

Kurz vor Ende der Sommerpause 2010 wurde bekannt, dass Schmidt seinen laufenden ARD-Vertrag nicht verlängert hat und stattdessen bei seinem alten Arbeitgeber Sat.1 unterschrieben hat, um dort ab Herbst 2011 die „Harald Schmidt Show“ wieder aufleben zu lassen. Schmidt fühlte sich laut eigenen Angaben bei der ARD „nicht mehr geliebt“ und habe somit die Zeichen erkannt, dass seine Zeit bei der ARD zu Ende war.

Die Harald Schmidt Show“ (Sat.1, 2011 – ????)
Morgen Abend ist es wie gesagt so weit, „Die Harald Schmidt Show“ feiert ihre Rückkehr auf Sat.1. Zwar gibt es vorerst nur zwei Folgen pro Woche, doch Schmidt ließ kürzlich durchblicken, gerne öfter auf Sendung zu gehen. Inhaltlich hoffen viele Fans (inklusive meiner Wenigkeit) auf eine Rückkehr zum alten Format und auch zu alter Stärke, die in der ARD-Zeit fehlte. Wie die Show tatsächlich aussehen wird, wird man erst morgen sehen, denn Schmidt äußerte sich bisher nur vage zum konkreten Konzept. Bisher wurde bekannt, dass das bisherige ARD-Ensemble wieder dabei sein wird, während auf den klassischen Sidekick (vorerst) verzichtet wird.

Ob Schmidt wieder zu seiner alten Form zurück kehren wird, darf allerdings bezweifelt werden, sind doch immerhin ganze acht Jahre seit der „guten, alten Zeit“ vergangen, während denen Schmidt neben einem Teil seines Haupthaars auch viel Energie verloren hat. Die letzten Wochen verbrachte „Dirty Harry“ vor allem mit dem Geben von dutzenden recht belanglosen Interviews und dem Austeilen von Seitenhieben in Richtung seines Ex-Kollegen Pocher („Pocher trinkt wahnsinnig viel Fruchtsaft, was ihn so füllig werden lässt“ […] „Er hat eine Plauze!“).

Wie auch immer, ich lasse mich überraschen und hoffe zumindest auf eine beschränkte Rückkehr des Flairs der alten „Harald Schmidt Show“.

„Die Harald Schmidt Show“: Immer dienstags und mittwochs um 23:15 in Sat.1.

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